Zusammenfasung

Decathlon gehört zu den wenigen Großunternehmen, die Circular Economy nicht nur testen, sondern systematisch skalieren. In diesem Beitrag zeigen wir, wie Europas führender Sporthändler ein profitables Rücknahme- und Wiederverkaufsmodell aufgebaut hat – mit Buyback-Programmen, Reparaturservices, Refurbishment-Kooperationen und Textilrecycling. Von der Entstehung im Trocathlon-Flohmarkt bis zum strategischen Ziel, 10 % des Umsatzes über zirkuläre Services zu erzielen: Decathlon macht vor, wie sich Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg vereinen lassen. Der Beitrag liefert konkrete Zahlen, Einblicke aus dem koorvi-Webinar mit Michael Kiess und klare Learnings für alle, die Reuse strategisch angehen wollen.
Top-Down-Darstellung verschiedener Sportgeräte rund um eine blaue Decathlon-Weste: Fahrräder, Paddel, Hanteln, Tennis- und Golfschläger, Trinkflaschen und ein gelbes Kajak – ordentlich auf beige Fläche arrangiert.

Warum wir über Decathlon sprechen müssen

Decathlon ist kein Öko-Startup. Sondern ein internationales Handelsunternehmen mit über 100.000 Mitarbeitenden, eigenen Marken und klaren Wachstumszielen. Umso bemerkenswerter ist, was hier gerade passiert: Zirkularität wird nicht als Zusatz verstanden – sondern als neues Betriebssystem.

Was bei vielen Unternehmen noch nach kompliziertem Change klingt, ist bei Decathlon bereits gelebte Praxis. Rückkauf, Reparatur, Wiederverkauf und Recycling sind keine Marketingaktionen, sondern messbare Geschäftsbereiche mit eigenen Umsätzen, KPIs und Teams.

Und genau deshalb müssen wir über Decathlon sprechen.

Weil sie zeigen, wie Circular Economy in der Realität funktioniert. Und weil ihre Learnings extrem wertvoll für alle sind, die sich dieselben Fragen stellen wie viele unserer Kunden bei koorvi:

  • Wie starte ich ein Rücknahmeprogramm mit echten Ergebnissen?
  • Wie überzeuge ich intern, dass sich Reuse wirtschaftlich lohnt?
  • Und wie baue ich zirkuläre Prozesse, die nicht an Komplexität scheitern?

Michael Kiess, Director Sustainability Operations bei Decathlon Deutschland, hat es in unserem The Reuse Playbook-Webinar treffend gesagt (den Link zur Webinar-Aufzeichnung findest du am Ende des Blogposts):

„Zirkularität beginnt nicht mit einem Tool, sondern mit Zuhören.“

Genau dieses Zuhören – bei Kunden, in Teams, am Produkt – ist der Kern der Strategie. Und der Grund, warum Decathlon heute zu den Unternehmen gehört, die Circular Economy nicht nur wollen, sondern können.

Was Decathlons Circular-Angebot alles umfasst

Decathlon hat seine zirkulären Services in den letzten Jahren systematisch ausgebaut – von einzelnen Rücknahmeaktionen hin zu einem modularen, skalierbaren Circular-Ökosystem. Heute umfasst das Angebot unter anderem:

🔁 Buyback & Second Use

Kund:innen können ihre gebrauchten Produkte zurückgeben – vom Fahrrad bis zur Fitnessbank. Nach Prüfung und Aufbereitung werden diese in der Second Life Section der Filialen wiederverkauft.

🔧 Reparaturservices

In über 80 Werkstätten und Service Points in Deutschland werden Produkte professionell repariert – von kleinen Eingriffen bis zur vollständigen Wiederinstandsetzung.

📦 Refurbishment-Kooperationen

Mit spezialisierten Partnern wie Rebike bietet Decathlon refurbished E-Bikes im eigenen Sortiment an – als Shop-in-Shop-Modell direkt in den Filialen.

🧵 Textilrecycling

Gemeinsam mit Start-ups arbeitet Decathlon an neuen Recyclingtechnologien, um Mischtextilien wieder in den Rohstoffkreislauf zurückzuführen.

💡Eco-Design & Ersatzteile

Immer mehr Produkte werden nach dem Prinzip der Reparierbarkeit entwickelt – inklusive leicht verfügbarer Ersatzteile und modularer Bauweise.

🚴 Vermietung & Sharing

In Pilotmärkten testet Decathlon auch Mietmodelle, z. B. für E-Bikes, Ski oder Camping-Equipment – mit dem Ziel, Nutzung vor Besitz zu stellen.

Vom Flohmarkt zur Plattformstrategie

Wie beginnt man eine zirkuläre Transformation? Bei Decathlon war die Antwort überraschend bodenständig: mit einem Flohmarkt.

Der sogenannte Trocathlon – eine Art Second-Hand-Event in den Filialen – war kein digitaler Launch, sondern ein analoges Experiment. Kund:innen konnten ihre gebrauchten Sportartikel verkaufen oder tauschen. Ohne App, ohne komplexe Infrastruktur – aber mit einem klaren Ziel: Verstehen, was die Leute wirklich wollen.

Dieser erste Schritt war entscheidend. Denn er lieferte zwei Erkenntnisse, die heute das Fundament der Plattformstrategie von Decathlon bilden:

  1. Menschen wollen ihre Produkte nicht wegwerfen – sondern sinnvoll weitergeben.
  2. Ein gutes Rücknahmesystem braucht Vertrauen und Transparenz.

Heute ist daraus ein europaweites Buyback-Programm entstanden. Kund:innen können auf der Website den Rücknahmewert von Produkten wie Fahrrädern oder Rollern ermitteln, sie im Store abgeben und erhalten dafür einen Einkaufsgutschein. Die Geräte werden von Expert:innen geprüft, repariert und in der „Second Life Section“ wiederverkauft.

Zitat aus dem Webinar mit Michael Kiess:

„Wir haben gesehen: Wer ein Produkt zurückbringt, kommt wieder. Reuse stärkt die Kundenbindung auf ganz neue Weise.“

Das Rücknahmesystem ist nicht nur ein Nachhaltigkeitsprojekt – sondern ein klar kalkuliertes Kundenbindungsinstrument.

Mit jedem Trade-In verlängert Decathlon die Beziehung zum Kunden. Und öffnet gleichzeitig die Tür für weitere Käufe, Upgrades oder neue Sportarten.

Ein Loyalty-Loop, der Umsatz bringt – und CO₂ spart.

Zweiteilige Illustration: Links ein Flohmarkt mit gebrauchten Sportartikeln und persönlichem Kundenkontakt, rechts ein moderner „Second Life“-Shop mit refurbished Produkten wie Fahrrädern, Rollschuhen und Tennisschlägern in einem professionellen Ladenumfeld.

In Zahlen: So wirkt Decathlons Circular Strategy

2024 war kein Pilotjahr – sondern ein echter Skalierungsschritt:

Decathlon Deutschland hat konkrete Resultate geliefert:

  • 🔧 127.000 Reparaturen durchgeführt
  • ♻️ 88.000 gebrauchte Produkte weiterverkauft
  • 🔄 10.800 Produkte über das Buyback-Programm zurückgenommen
  • 53 % des Sortiments erfüllt mittlerweile Ecodesign-Kriterien

Mit neuen City-Werkstätten in München und Hamburg wird der Ausbau zirkulärer Services konsequent vorangetrieben.

„Natürlich macht man das, aber meistens liegt man da im ersten Jahr erst mal falsch. Im ersten Jahr haben wir gemessen, wie viel Anteil unseres Gesamtvolumens wir im Bereich Circular Economy verzeichnen. Und da waren wir genau zu Beginn so roundabout 2, 2,5 Prozent. Mittlerweile liegen wir da schon weiter drüber.“

– Michael Kiess, Decathlon Deutschland

Langfristig strebt Decathlon an, mindestens 10 % des Gesamtumsatzes mit Circular Services zu erwirtschaften – als festen Bestandteil der wirtschaftlichen Gesamtstrategie. Und aus persönlicher Überzeugung geht Kiess noch weiter:

„Wenn wir 2050 net zero erreichen wollen als Menschheit – dann reichen 10 % nicht. Also in meiner Vision ist das nochmal deutlich mehr.“

Reparatur als Rückgrat

Rücknahme ist nur der Anfang – wirklich zirkulär wird ein Produkt erst dann, wenn es für ein zweites (oder drittes) Leben bereitgemacht werden kann. Und genau hier setzt Decathlon mit besonderer Konsequenz an: Reparatur ist kein Nebenthema – sondern integraler Bestandteil der Produkt- und Service-Strategie.

Viele Eigenmarkenprodukte wie Fahrräder, Roller oder Textilartikel werden so konzipiert, dass sie leicht zu warten sind. Ersatzteile wie Bremsbeläge, Griffe oder Reißverschlüsse lassen sich gezielt austauschen – entweder durch Kund:innen selbst oder durch geschulte Mitarbeitende in den Stores.

„Wir investieren gezielt in Reparierbarkeit, weil wir den Produktwert erhalten wollen – nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich.“

– Michael Kiess, Decathlon Deutschland

Besonders spannend: Reparatur ist nicht nur eine interne Maßnahme. Sie wird aktiv vermarktet, als eigenständiger Service, der Vertrauen schafft und neue Kundensegmente anspricht. Wer ein Produkt reparieren lässt, entscheidet sich oft bewusst gegen den Neukauf – aber für die Marke, die diesen Service möglich macht.

Das stärkt die Kundenbindung – und zeigt, dass Reuse nicht Verzicht bedeutet, sondern eine neue Form der Produktbeziehung.

Kooperationen, die Wirkung haben

Decathlon hat früh erkannt: Zirkularität lässt sich nicht im Alleingang skalieren. Es braucht starke Partner, um Wertschöpfungsketten neu zu denken – und umzusetzen.

Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit mit Rebike, einem Anbieter für refurbished E-Bikes. Gemeinsam wurde ein Shop-in-Shop-Konzept entwickelt, das in ersten Filialen bereits umgesetzt ist: Rebike übernimmt die Wiederaufbereitung, Decathlon stellt die Fläche und den Kundenzugang. So entsteht ein Win-win-Modell – für beide Unternehmen, für die Umwelt, und vor allem: für die Kund:innen.

„Refurbishment kann man nicht halbherzig machen – wir brauchen dafür Expertise, Prozesse und Vertrauen.“

– Michael Kiess im The Reuse Playbook

Auch im Bereich Textilrecycling setzt Decathlon auf Partnerschaften: Mit dem französischen Start-up Recyc’Elit wird an einer innovativen chemischen Recyclingtechnologie gearbeitet, die Mischgewebe wie Polyester-Elasthan trennen und wiederverwertbar machen soll. Ziel ist es, Produktabfälle vollständig in neue Rohstoffe zu überführen – ein echter Systemwechsel.

Was all diese Kooperationen verbindet: Sie sind strategisch, nicht symbolisch. Decathlon nutzt sie, um Lücken in der eigenen Infrastruktur zu schließen – und die Transformation vom linearen zum zirkulären Modell messbar und skalierbar zu machen.

Für Unternehmen, die ähnliche Wege gehen wollen, ist das eine zentrale Erkenntnis:

Man muss nicht alles selbst können. Aber man muss wissen, wo man verstärken will.

Zirkularität, die skaliert

Decathlon zeigt eindrucksvoll, was möglich ist, wenn Circular Economy nicht als Kampagne gedacht wird – sondern als operatives Geschäft. Vom Trocathlon bis zur Refurbishment-Kooperation, von Eco-Design bis Textilrecycling: Hier entsteht ein skalierbares System, das gleichzeitig Umsatz bringt, Kunden bindet und Ressourcen schont.

Was wir mitnehmen:

  • Zirkularität funktioniert nicht nur im Kleinen – sondern auch im Filialnetz.
  • Reparatur, Rückgabe und Wiederverkauf sind Business-Bausteine.
  • Wer zuhört, testet und skaliert, kann echten Impact erzeugen – ökologisch wie wirtschaftlich.

Und genau dafür ist koorvi da:

👉 Wir helfen Unternehmen, den Schritt von der Idee zum zirkulären Geschäftsmodell zu gehen – mit System, Software und operativer Entlastung.

Lass uns sprechen!

Und für alle, die sich das gesamte Gespräch mit Michael Kiess anschauen möchten – hier entlang.

Häufig gestellte Fragen

🔁 Wie funktioniert das Rücknahmeprogramm von Decathlon?

Kund:innen können online den Rücknahmewert ihres Produkts (z. B. Fahrrad oder Fitnessgerät) ermitteln und es in einer Filiale abgeben. Nach Prüfung erhalten sie einen Einkaufsgutschein. Die Produkte werden anschließend aufbereitet und als Second-Hand-Ware weiterverkauft.

🔧 Wie organisiert Decathlon Reparaturen und Refurbishment?

In über 80 Servicepunkten in Deutschland führt Decathlon Reparaturen selbst durch – von einfachen Defekten bis hin zur vollständigen Wiederinstandsetzung. Für bestimmte Produktgruppen, z. B. E-Bikes, arbeitet das Unternehmen mit Refurbishment-Partnern wie Rebike zusammen.

📦 Was gehört alles zum Circular-Angebot von Decathlon?

  • Rücknahme gebrauchter Produkte (Buyback)
  • Wiederverkauf über die Second Life Section
  • Reparaturservices in lokalen Werkstätten
  • Kooperationen für Refurbishment (z. B. Rebike)
  • Textilrecycling mit innovativen Start-ups
  • Eco-Design mit Ersatzteilverfügbarkeit
  • Pilotprojekte für Mietmodelle und Sharing

📊 Welche Ergebnisse erzielt Decathlon mit seinen Circular Services?

2024 wurden u. a. folgende Ergebnisse erreicht:

  • 127.000 Reparaturen durchgeführt
  • 88.000 Second-Hand-Produkte verkauft
  • 10.800 Rücknahmen über das Buyback-System
  • 53 % des Sortiments mit Ecodesign-Kriterien versehen

Das Unternehmen strebt an, mindestens 10 % des Umsatzes über Circular Services zu erwirtschaften.

🧭 Was können andere Marken aus Decathlons Ansatz lernen?

  • Mit einem kleinen, fokussierten Pilot starten
  • Zirkularität als Teil des Geschäftsmodells begreifen – nicht als Kampagne
  • Prozesse am Kundennutzen ausrichten, nicht an interner Bequemlichkeit
  • Kooperationen nutzen, um schneller Wirkung zu erzielen
  • Wirtschaftliche KPIs von Anfang an mitdenken (z. B. CLV, Retention, Marge)

⚙️ Wie kann mein Unternehmen ein Rücknahme- oder Reuse-Programm starten?

Mit einer Plattform wie koorvi lässt sich ein zirkuläres Modell schnell testen:

Vom Rücknahmeprozess über die Aufbereitung bis hin zum Wiederverkauf – inklusive Tracking, Logistik und operativer Entlastung. Ideal für Marken, die zirkuläre Modelle wirtschaftlich sinnvoll und effizient umsetzen wollen.