In Folge #3 von The Reuse Playbook haben wir mit Karoline Reperich gesprochen, Sustainability Managerin und Teil des Circular Solutions Lab bei Tchibo, einem Team, das mutige Nachhaltigkeitsideen in echtes Geschäft übersetzt.
Gemeinsam haben wir beleuchtet, wie Tchibo sein erstes Rückkauf- und Refurbished-Programm für Kaffeevollautomaten mit koorvi aufgebaut hat – mit einer Ende-zu-Ende-Journey vom Ankauf bis zum Wiederverkauf.
Was ist uns besonders aufgefallen? Der bereichsübergreifende Team-Spirit, die Liebe zum Detail beim Aufsetzen des Intake-Prozesses und der Mut, schnell zu testen, zu lernen und nachzuschärfen. Ein Pilot, der klein begann und heute täglich läuft – und zeigt, wie Kreislaufwirtschaft skaliert, wenn Qualität, Daten und Teamwork zusammenkommen.

Unsere Learnings und Key Takeaways
🧩 Reuse ist ein Unternehmensprojekt, keine Nebenaufgabe
Buchhaltung, Steuern, Lager, Service, E-Commerce und Reparatur müssen Hand in Hand gehen. Selbst in einem Pilotprojekt treten Statuswechsel auf (Ankauf → Aufbereitung → Verkauf) – und einige Buchungen müssen anfangs noch manuell erfolgen. Jede Schnittstelle sollte früh klar definiert sein.
🔎 Baue den Intake-Prozess so auf, als hinge deine Marge davon ab (denn das tut sie)
Selbsteingeschätzte „Zustandstabellen“ sind ein Anfang, aber geführte Fragen (Alter, Nutzungsfrequenz) liefern deutlich genauere Ergebnisse als reine Zähler wie „bezogene Tassen“. Kaufe nur Geräte an, die sich wirtschaftlich aufbereiten lassen.
🧪 Pilot = Erlaubnis zu lernen
Optimiere kontinuierlich die wichtigsten Hebel, etwa Gutscheinwerte, und messe den Erfolg pro Einheit – Aufbereitungskosten, Rücklaufquoten und Zustandsverteilung. Beginne früh, Serviceverpflichtungen für Refurbished-Produkte zu erfassen.
🛡️ Markenvertrauen macht aus „gebraucht“ ein „sicher“
Tchibo verkauft in zwei klar definierten Qualitätsstufen, ergänzt um Garantie und ein sichtbares Label „Tchibo Refurbished“. Das Ergebnis: stetige Ankäufe und Verkäufe sowie schnelle Wiederverfügbarkeit.
📬 Kontrolliere den Rückfluss über eigene Kanäle
Die Ansprache früherer Maschinenkäufer per E-Mail ist ein effizienter Weg, Geräte zurückzuholen. Platzierungen auf der Website machen Kundinnen und Kunden darauf aufmerksam, dass Tchibo ihren Kaffeevollautomaten wieder annimmt und ihm ein zweites Leben schenkt.
🧰 Verkaufe Bequemlichkeit, nicht Kleinanzeigen
Das Angebot wird als markenunterstützter Service positioniert – mit Versand, Aufbereitung und Garantie – eine vertrauenswürdige Alternative zu Peer-to-Peer-Plattformen. Gerade bei Küchenprodukten zählen Hygiene und geprüfte Qualität.
🎯 Strategisch verankern, nicht nur als Shop-Feature
Über die reinen Stückzahlen hinaus stärkt das Programm Kundenbindung und Zielgruppenreichweite – und fördert die strategische Abstimmung mit den Produktteams. Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) wird dies bald zum Standard machen.
🚀 Klein starten, klug skalieren
Wähle eine Produktkategorie mit klarer Reparaturkompetenz und bewährter Langlebigkeit. Lege den Prozess detailliert fest, teste die Abläufe und erweitere anschließend Schritt für Schritt.
5 Persönliche Fragen an Karoline Reperich
Zum Abschluss wollten wir wissen: Wer steckt eigentlich hinter all den Piloten, Prozessen und Rücknahmeprojekten? Fünf kurze Fragen, fünf ehrliche Antworten.
1. Abgesehen von Tchibo, gibt es ein Unternehmen, bei dem du denkst: Die haben’s wirklich verstanden?
→ „Viele – Tony’s Chocolonely, VAUDE, Manufaktum, Everdrop … es gibt viele Vorreiter.“
Karoline glaubt nicht an einzelne Heldinnen oder Helden, wenn es um Kreislaufwirtschaft geht. Sie sieht ein wachsendes Ökosystem von Marken, die das Gewohnte hinterfragen – von fairer Schokolade bis zu Outdoor-Ausrüstung. Was sie alle eint: Konsequenz, Mut und Transparenz.
2. Welches Nachhaltigkeits-Buzzword ist für dich komplett überbewertet?
→ „‚Nachhaltigkeit‘ selbst – ich benutze das Wort kaum noch.“
Für Karoline ist der Begriff zu weit gefasst, um noch wirklich etwas auszusagen. Stattdessen spricht sie lieber über Verantwortung, Wirkung und Qualität – Dinge, die man messen kann, nicht nur vermarkten.
3. Was wird in deiner Branche in fünf Jahren nicht mehr funktionieren?
→ „Das aktuelle Maß an Herstellerverantwortung – es muss (und wird) weitergehen.“
Sie ist überzeugt, dass kommende Regulierungen mehr verlangen werden – nicht nur höhere Recyclingquoten, sondern echte Verantwortung für Produkte über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Marken, die sich heute vorbereiten, werden morgen im Vorteil sein.
4. Ohne welches Tool oder welche App kommst du im Alltag gar nicht klar?
→ „Microsoft Teams – damit läuft alles schnell.“
Eine sehr Tchibo-typische Antwort: praktisch, effizient und teamorientiert. Bei so vielen beteiligten Abteilungen in zirkulären Projekten ist klare Kommunikation kein Luxus, sondern überlebenswichtig.
5. Was bringt dich auf neue Ideen?
→ „Aufmerksam bleiben im Alltag – ein Kaffee auf der Küchenbank, nach draußen schauen, den Kopf freibekommen.“
Karolines Kreativität entsteht selten am Schreibtisch. Es sind die ruhigen Momente – beim Kaffeekochen, beim Beobachten kleiner Routinen – in denen sie neue Verbindungen sieht und frische Gedanken entstehen.
🎧 Neugierig auf das ganze Gespräch? Dieses Recap basiert auf unserem Live-Talk mit Karoline Reperich. Hier ansehen.